Davide Bruchez-Lalli (Foto: Akvilė Šileikaitė)
50-Jahr-Jubiläum SJMW

«Die Vorbereitung ist das Zentrale»

Der Schweizerische Jugendmusikwettbewerb (SJMW) feiert sein 50-jähriges Bestehen. 

Am Samstag, 13. September feiert der SJMW mit einem breiten Tagesprogramm und einem Jubiläumskonzert am Abend. Wie sehr der Wettbewerb die musikalischen Biografien von Kindern bis heute beeinflusst, erzählen ein aktueller und drei ehemalige Teilnehmer*innen.

Erik Wüest, Klavier, E-Piano, Cello, Komposition

13 Jahre alt, Schüler

«Musik hat mich schon immer begeistert. Als ich klein war, habe ich gerne gesungen. Dass ich klassische Musik mag, kommt nicht von meinen Eltern. Sie bevorzugen eher Bob Dylan oder Led Zeppelin, die ich aber auch gut finde.

Mit sieben Jahren bekam ich ein Keyboard und begann, ohne Unterstützung eines Lehrers zu spielen. Meine Eltern überzeugten mich jedoch, Unterricht zu nehmen. Nach einem Jahr wechselte ich auf das Klavier, weil mir die ganzen Styles auf dem Keyboard nicht so gefielen. Während des Übens fragte ich mich oft, warum gute Pianisten meistens Stücke spielen, die andere komponiert haben und nicht eigene Werke. Ich fing an, mit Klangfolgen zu experimentieren und diese dann auf einem Computerprogramm zu erfassen. Meine ersten Versuche waren noch ziemlich einfach, aber mit den Fortschritten, die ich beim Klavierspielen machte, wurden die Stücke umfangreicher.

Durch das Komponieren wollte ich mehr über Streichinstrumente lernen und begann deshalb zusätzlich, Cello zu spielen. Zur Abwechslung spiele ich noch E-Piano in einer Band. Viel Zeit zum Üben bleibt mir allerdings nicht.

Meine ehemalige Klavierlehrerin machte mich auf den SJMW aufmerksam und mit zehn Jahren nahm ich in der Kategorie ‹Komposition› teil. Beim zweiten Mal erhielt ich einen ersten Preis mit Auszeichnung. Das war für mich ein spezieller Moment. Dieses Jahr wirkte ich auch in der Kategorie ‹Duo Kammermusik› mit. Besonders freut mich, dass Ende Mai von der Camerata Zürich eine Komposition von mir in der Tonhalle Zürich gespielt wurde.

Der SJMW ist für mich eine Standortbestimmung und gibt mir die Möglichkeit, meine Arbeiten zu präsentieren. Es macht mir auch Spass, mit anderen zu musizieren. Nebenbei lernte ich andere Städte wie La Chaux-de-Fonds oder Lugano kennen, die mir sehr gefallen haben.

Zurzeit habe ich nicht das Gefühl, Musiker werden zu wollen, denn z.B. als Informatiker könnte ich Musik immer als Hobby betreiben, umgekehrt wäre es schwieriger.»

Ilva Eigus, Violine

18 Jahre alt, PreCollege-Musikstudentin und Geigerin

«Der SJMW ist ein jährliches Fest der Musik, dessen ist sich jede junge Musikerin und jeder junge Musiker in der Schweiz bewusst. Die Entrada- und Final-Diplome sind für mich nicht blosse Auszeichnungen, sondern ein Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer engagierten und inspirierenden Gemeinschaft.

Ich habe zum ersten Mal 2018 teilgenommen, als ich zehn Jahre alt war. Ich erinnere mich noch gut an meinen allerersten Auftritt mit dem Violinkonzert Nr. 3 von Camille Saint-Saëns und die ‹Gavotte en Rondeau› aus der E-Dur-Partita von Johann Sebastian Bach. Die CD vom Preisträgerkonzert habe ich bis heute.

Der SJMW unterscheidet sich durch seine Vielfalt an Kategorien und Altersgruppen von anderen Wettbewerben. Die Vorbereitung ist immer die wichtigste Zeit. Ich habe zweimal in der Kategorie ‹Violine Solo› und zweimal im Duo mit Klavier mitgewirkt, zuletzt 2023. Alle vier Teilnahmen liefen erfolgreich, mit wertvollem und differenziertem Jury-Feedback.

Ich bin dem SJMW sehr dankbar, dass ich 2022 in das Förderprogramm der Stiftung Ruth und Ernst Burkhalter aufgenommen wurde, das mich in einem entscheidenden Jahr unterstützt hat. Es ist eine besondere Ehre, gemeinsam mit weiteren Solistinnen und Solisten ein Werk von Richard Dubugnon mit dem Tonhalle-Orchester Zürich anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums uraufzuführen.»

Benjamin Engeli, Klavier

47 Jahre alt, Pianist

«Ich weiss gar nicht mehr, wie ich auf den SJMW aufmerksam geworden bin. Das ist nun 35 Jahre her. 1990 war das Leben ja noch analog. Wahrscheinlich haben meine Eltern ein Plakat gesehen oder eine Ausschreibung in der Musikzeitung entdeckt. In dieser Zeit spielte ich mit meinem Bruder immer mal wieder vierhändig Klavier, zum Spass und ohne Ambitionen. Angemeldet für den Wettbewerb haben wir uns, weil wir Lust auf einen weiteren Auftritt hatten.

Der Gewinn des Wettbewerbs war eine völlige Überraschung für mich. Ich hatte bis dahin noch nie ernsthaft geübt oder mich seriös auf ein Konzert vorbereitet. Das Niveau war damals auch noch ein anderes als heute. Ich war der Jury sehr dankbar, dass sie offenbar das Potenzial höher gewichtete als die Aufführung.

Es war der Startschuss dafür, mich mit grösserem Ehrgeiz und klareren Zielen der Musik zuzuwenden. Ich denke, meine Jugend wäre ohne diesen Wettbewerb und die nachfolgenden Auftrittsmöglichkeiten anders verlaufen. Vielleicht hätte ich nicht einmal Musik studiert ohne das Wissen, dass ich mich mit anderen messen kann.»

Martin Frutiger, Oboe

48 Jahre alt, Solo-Englischhorn / 2. Oboe im Tonhalle-Orchester Zürich

«Ich musizierte schon als Kind unglaublich gerne und durfte mit zwölf Jahren mit meinem Wunschinstrument, der Oboe, anfangen. Meine Laufbahn begann in einem etwas provinziellen Rahmen an der Musikschule Burgdorf, in der Sekundarschule in Koppigen in einem Orchester mit 13 Blockflöten und einem Cello sowie schliesslich im Untergymnasium Burgdorf. Ich war durch einen Flyer in der Musikschule auf den SJMW aufmerksam geworden und beschloss, am Wettbewerb teilzunehmen.

Ich gewann den ersten Preis mit Auszeichnung. Ich weiss noch genau, wann das war: Ich wurde am Tag nach dem Wettbewerb 17 Jahre alt und war damit gar nicht so früh dran. Die Rückmeldung meiner Jurorin Louise Pellerin war einschneidend für mich. Sie fragte mich: ‹Du wirst also Oboist, nicht wahr?› Es stimmte: Aufgrund der Teilnahme am SJMW entschied ich, Berufsmusiker zu werden, denn ich verstand, dass es ganz okay ist, was ich mache und – dass das, was ich liebe, gut ist.

Nach meinem Studium, mit Mitte 20, erhielt ich die Anfrage, als Juror bei einem Regionalwettbewerb des SJMW tätig zu sein. Das war eine grosse Ehre für mich. Als Musiker im Tonhalle-Orchester Zürich ergaben sich dann noch weitere Berührungspunkte mit dem SJMW. Die Tonhalle-Gesellschaft Zürich hat einen Abgeordneten in der Fachkommission und darüber hinaus auch eine Person im Stiftungsrat. Unser früherer Kollege, der Flötist Janek Rosset, fragte mich, ob ich in der Fachkommission mitarbeiten wolle, die über sämtliche musikalische Belange entscheidet. Sie ist mit ungefähr zwölf Musikern aus allen Sprachregionen besetzt und stellt sicher, dass alle Jurorinnen und Juroren nach denselben Richtlinien arbeiten. Ich kann sagen, dass die Feedbacks der Jurys über die Jahre viel besser geworden sind. Man sieht das an der zurückgehenden Anzahl der Beschwerdebriefe. Wenn an einem Wochenende über 1000 Jugendliche am Wettbewerb teilnehmen, dann ist es eine grosse Herausforderung sicherzustellen, dass alles fair und korrekt läuft.

Seit einigen Jahren bin ich ehrenamtlich im Stiftungsrat des SJMW. Hier werden operative Entscheide mit der Geschäftsführung gefällt: Finanzierung, die Ausrichtung des künftigen Wettbewerbs, welchen Stellenwert Rock, Pop und Jazz haben sollen oder in welcher Sprachregion das Finale stattfinden soll.

Eine weitere aufregende Rolle ist es, wenn man der Vater einer Teilnehmerin und von zwei Teilnehmern ist. Ich habe versucht, meine Kinder in der Vorbereitung auf den SJMW nicht zu drängen. Der Wettbewerb sieht sich in erster Linie der Breitenförderung verpflichtet und in zweiter Linie der Spitzenförderung. Das ist mir persönlich auch sehr wichtig. Möglichst viele Jugendliche sollen animiert werden, zu üben und ihr Spiel vorzutragen, sich mit anderen zu treffen und zu messen. Die Vorbereitung ist das Zentrale.»

Aufgezeichnet von Katharine Jackson

Der SJMW als Sprungbrett

Gerd Albrecht, der ehemalige Chefdirigent des Tonhalle-Orchesters Zürich, gründete 1975 den SJMW mit dem Ziel, musikalische Talente zu finden und zu fördern. Die Begegnung und der Austausch mit anderen jungen Musikschaffenden aus der ganzen Schweiz bestätigten die jungen Musiker*innen in ihrer Passion und ermutigten sie, ihren künstlerischen Weg weiterzugehen.

Zahlreiche ehemalige Mitwirkende des SJMW entwickelten sich zu renommierten Künstler*innen. Einige sind heute Mitglieder im Tonhalle-Orchester Zürich und engagieren sich beim SJMW, so wie Martin Frutiger.

Derzeit nehmen über 1500 Musiker*innen aus der ganzen Schweiz im Alter zwischen acht und 20 Jahren an dem Wettbewerb in den Kategorien ‹Classica›, ‹Composition›, ‹Jazz&Pop› und ‹FreeSpace› teil. Die hohe Zahl ist ein Beleg dafür, dass der SJMW ein fester Bestandteil der Schweizer Ausbildungs- und Musiklandschaft ist.

Die Geschichte des SJMW

1975: Gründung des SJMW durch die Tonhalle-Gesellschaft Zürich
Bis 1999: Die Tonhalle-Gesellschaft Zürich veranstaltet den Wettbewerb.
1999: Gründung einer privatrechtlichen Stiftung
2004: Einrichtung der professionellen Geschäftsstelle
2008: Lancierung des Kompositionswettbewerbs
2012: Lancierung des ‹Jazz&Pop›-Wettbewerbs
2015: Konzertmatinée mit renommierten Preisträger*innen zum 40-Jahr-Jubiläum
2021: Lancierung des ‹FreeSpace›-Wettbewerbs
2025: Feier des 50-Jahr-Jubiläums mit breitem Programm in der Tonhalle Zürich (13. September)

September 2025
Sa 13. Sep
15.00 Uhr

Schweizerischer Jugendmusikwettbewerb: Kinderkonzert

Fränzi Frick Schauspiel, Konzept, künstlerische Leitung, Sherniyaz Mussakhan Konzertmeister, musikalische Leitung, Orchester mit Preisträger*innen des SJMW, «Das kleine Fräxli»
Sa 13. Sep
18.30 Uhr

Schweizerischer Jugendmusikwettbewerb: Jubiläumskonzert

Tonhalle-Orchester Zürich, David Bruchez-Lalli Leitung, Aktuelle und ehemalige Preisträger*innen des SJMW: , Solist*innen Werk Richard Dubugnon , Edna Unseld Violine, Ilva Eigus Violine, Sarah Strohm Violine, Thomas Grossenbacher Violoncello, Ariane Thomann Kontrabass, Benjamin Engeli Klavier, Javelyn Kryeziu Klavier, Andreas Jud Orgel, Solist*innen Werk Frank Martin , Kaspar Zehnder Flöte, Simon Sommerhalder Oboe, Fabio di Càsola Klarinette, Valeria Curti Fagott, Leonard Schultsz Horn, Gianluca Calise Trompete, Louise Pollock Posaune, Solist*innen Werk Daniel Schnyder , Pascal Deuber Horn, Immanuel Richter Trompete, Sophie Bright Posaune, Alain Wüest Bassposaune Brahms, Dubugnon, Martin, Schnyder
veröffentlicht: 15.08.2025

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